Landesarbeitsgericht Hamm sieht in Mediation ein anerkanntes Instrument, innerbetriebliche Konflikte dauerhaft zu lösen
Das Landesarbeitsgericht Hamm (Az. 17 SA 696/15) hat
entschieden, dass ein Arbeitgeber vor dem Ausspruch einer Kündigung den
Konfliktparteien „zumindest die Durchführung eines Mediationsverfahrens
anbieten müsse“.
Der fristlosen Kündigung vorausgegangen war ein
Konflikt innerhalb zwischen einer Lehrerin, der die kommissariche
Schulleitung an einem Berufskolleg übertragen worden war, und dem
Lehrerkollegium. Ein durch die Geschäftsleitung des Berufskollegs
einberufenes Gespräch ziwschen den Konfliktbeteiligten blieb erfolglos.
Daraufhin sah sich die Geschäftsleitung veranlasst, der Lehrerin
fristlos zu kündigen. Das Landesarbeitsgericht kassierte die fristlose
Kündigung und führte hierzu aus:
„Sie [Anm.: die Geschäftsleitung]
hätte den Konfliktparteien zuvor die Durchführung eines
Mediationsverfahrens zumindest anbieten müssen. Wie sich aus § 1 Abs. 1,
Abs. 2 MediationsG ergibt, ist Mediation ein strukturiertes,
freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes, bei
dem unabhängige Dritte die Konfliktparteien in ihrem Lösungsprozess
begleiten. Diese versuchen dabei, zu einer gemeinsamen Vereinbarung zu
gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der
allparteiliche Mediator trifft keine eigenen Entscheidungen bezüglich
des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich.
Er ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 MediationsG allen Parteien gleichermaßen
verpflichtet. Die Mediation ist ein anerkanntes Instrument, das geeignet
sein kann, innerbetriebliche Konflikte dauerhaft zu lösen
(Henkel/Göhler, AuA 2014, 703, 705; Hunold AuA 2015, 216, 217). Es kann
dabei offen bleiben, ob die Beklagte die Konfliktparteien durch Weisung
hätte verpflichten können, an dem Mediationsverfahren teilzunehmen
(verneinend LAG Nürnberg 27.08.2013 – 5 TaBV 22/12 – Rdnr.20;
nachfolgend BAG 30.06.2015 – 1 ABR 71/13 – Rdnr. 25). Denkbar ist eine
Verpflichtung der Arbeitnehmer, an Aufklärungsgesprächen über Sinn und
Zweck der Mediation teilzunehmen (Henkel/Göhler, AuA 2014, 703; Hunold
AuA 2015, 216, 217). Die Beklagte hat das Mediationsverfahren gar nicht
erst angeboten. Das vertrauliche und durch einen neutralen Dritten mit
entsprechender Ausbildung strukturierte Mediationsverfahren war nicht
schon deshalb aussichtslos, weil die Konfliktparteien in dem Gespräch
unter Leitung der Geschäftsführerin der Beklagten vom 22.10.2014 zu
keiner konstruktiven Haltung der jeweils anderen Konfliktpartei
gegenüber gelangt sind. Die Geschäftsführerin war keine neutrale Person,
denn sie war selbst entscheidend in die Auseinandersetzung involviert.“
Im
Ergebnis stärkt das Landesarbeitsgericht den Einsatz von Mediation als
ein Verfahren der innerbetrieblichen Konfliktbeilegung. Arbeitgebern ist
daher zu empfehlen, vor dem Aussprechen einer – fristlosen – Kündigung
zumindest andere Formen der konsensualen Konfliktbeilegung in Erwägung
zu ziehen.
Die Revision zum BAG ist zugelassen.
Sie finden einen
Link zu dieser Entscheidung auf unserer Seite
Rechtsprechung.